Sei nachsichtig! Vor allem mit dir selbst!

Behandelst du dich selbst so, wie du mit deinem besten Freund umgehst?

Bist du mit dir geduldig, nachsichtig und mitfühlend? Forschungsberichte zeigen: Vielen Menschen mangelt es an Selbstmitgefühl. (Selbstempathie) Dabei ist Nachsicht mit sich selbst eine wesentliche Voraussetzung für seelische Gesundheit.

Unerbittlich, herabsetzend, misstrauisch, so sind viele Menschen zu sich selber. Sie schauen in den Spiegel  und ihnen gefällt nicht was sie sehen. Sie machen z.B. einen Fehler und können ihn sich nicht verzeihen. Ihren besten Freunden hätten sie schon lange vergeben. Ihnen passiert etwas Peinliches und sie quälen sich mit Selbstvorwürfen. Jemand verletzt sie mit beleidigenden Worten und sie denken, sie hätten es nicht anders verdient.

Die Forschung zeigt: Menschen mit ausgeprägtem Selbstmitgefühl leiden seltener unter Depressionen und Ängsten, erholen sich von Schicksalsschlägen besser und sind optimistischer als Personen, die sich selbst kritisch begegnen.

Was aber ist mit freundlich zu sich selbst sein gemeint? Ganz sicher nicht die rosarote Welt des positiven Denkens, die uns auffordert, jeden Tag mit einem Lächeln im Gesicht und mit aufmunternden Sprüchen zu beginnen. Selbstmitgefühl hat auch nichts damit zu tun, passiv auf dem Sofa zu sitzen und sich zu bedauern, wenn die Dinge nicht so laufen wie gewünscht. Selbstmitgefühl ist vergleichbar mit Empathie, die wir andern entgegenbringen. Durch einfühlen und Verständnis entsteht Mitgefühl. Wenn wir ungeduldig und kritisch uns selbst gegenüber sind, wenn wir uns beschuldigen für unser Versagen oder unser Problem, dann behandeln wir uns wie den jemand der unsere Pläne stört. Jede Abweichung von unserem Erfolgskurs, jeder negativ ausfallende Vergleich mit andern, jeder Fehlgriff ruft dann unseren Unmut hervor. Wenn wir uns jedoch als eine Person akzeptieren, die nicht immer alles richtig machen kann, der Fehler passieren dürfen, würde auch in diesem Fall Mitgefühl entstehen – Mitgefühl mit dem Mitmenschen, der in eine schwierige Lage geraten ist, Mitgefühl für uns selbst.

Selbstmitgefühl hat drei Komponenten:

  1. Selbstfreundlichkeit: Menschen mit einer grossen Fähigkeit zu «self-compassion» haben Verständnis für sich, wenn es mal in ihrem Leben nicht so rund läuft. Sie erwarten kein Allzeithoch, und sie wertschätzen sich auch dann, wenn sie gerade mal nicht so glänzend dastehen oder mit Schicksal hadern.
  2. Verbundenheitsgefühl mit andern: Auch in schwierigen Zeiten denken selbstfreundliche Personen nicht, dass nur sie zu den Pechvögel gehören und alle anderen das Glück gepachtet haben. Sie wissen, dass Scheitern und Niederlagen zum Leben gehören und irgendwann jeden Menschen treffen. Sie stellen ihre eigene momentane Situation in einen grösseren Zusammenhang, indem sie akzeptieren, dass Belastungen und Leid zu jedem Leben gehören.
  3. Achtsamkeit: Wer in Krisenzeiten möglichst schnell zum «Normalzustand» zurückkehren will, wer seine Gefühle und Gedanken unterdrückt oder verleugnet, weil sie ihn am Funktionieren hindern, zeigt wenig Selbstmitgefühl. Die Achtsamkeit seinem eigenen Erleben gegenüber ist eine wichtige Voraussetzung: Denn wer sich nicht erlaubt zu spüren, wie es ihm wirklich geht, der kann auch kein Selbstmitgefühl entwickeln.

Mitgefühl bedeutet Akzeptanz. Die Person, die in Schwierigkeiten gerät, wird in ihrem Kummer, in ihrer Fehlerhaftigkeit, ihrer Schwäche wertschätzt und nicht zu all dem vorhandenen Leid noch mit Vorwürfen und Kritik gequält.

Um Selbstmitgefühl entwickeln zu können, müssen wir wissen: Selbstmitgefühl ist nicht Selbstmitleid, ist nicht Selbstbezogenheit, ist nicht Egoismus. Selbstmitgefühl interessiert sich nicht so sehr dafür, was im Kopf anderer Menschen vor sich geht, sondern sorgt sich darum, dass die Gedanken, die man sich über sich selbst macht, nicht ins Negative abgleiten.

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